WEITKUNAT, HAISCH, KESSLER (Eds.) Public Health und Gesundheitspsychologie. Bern, CH: Huber (im Druck)
Zwischen Infektion mit HIV, dem HI ( human immunodeficiency /menschliches Immunschwäche) -Virus (noch ohne auffällige Symptome), und Ausbruch von AIDS ( aquired immunodeficiency syndrom /erworbenes Immunschwäche-Syndrom; in Europa nach den Kriterien der CDC von 1987 - mit einer geringfügigen Erweiterung vom Juli 1993 - diagnostiziert und hier häufig ‚Erkrankung' bezeichnet) liegt eine Inkubationszeit von etwa 10 Jahren und zwischen Erkrankung und Tod liegen etwa 15 Monaten (bei starken individuellen Schwankungen). In den ersten Wochen (wenn die Tests die Infektion noch nicht nachweisen können) ist die Infektiösität eines Infizierten besonders hoch.
Als Maßnahmen zur (Primär-) Prävention (Vermeidung von Neuinfektionen) von HIV kommen in Frage:
Impfungen können meist eine Infektion nicht vermeiden, sondern lediglich dafür sorgen, daß der Geimpfte schneller (mit spezifischen Antikörpern) auf die Infektion reagieren kann. Bei HIV könnte dadurch die Dauer der infektiösen Periode sogar verlängert werden. Wenn jedoch bei Geimpften die hohe Infektiosität in den ersten Wochen der Infektion deutlich reduziert würde, dann könnten Impfungen trotzdem als Mittel zur (Sekundär-) Prävention eingesetzt werden.
Virus-Infektionen können medikamentös nur schlecht beeinflußt werden, weil Viren in den Zellen des Menschen vermehrt werden und deshalb keinen eigenen Stoffwechsel benötigen (Den Stoffwechsel von Bakterien, die - mit wenigen Ausnahmen - zwischen den Zellen des Menschen leben, kann man mit Antibiotika stören). Versorgung von HIV-Patienten bedeutet Verlängerung der Inkubationszeit; (z.B. .durch Medikamente die die Replication von HIV behindern), Versorgung von AIDS-Patienten bedeutet Verlängerung der Zeit bis zum Tod und Behandlung von Begleiterkrankungen.
Die ‚klassischen' Geschlechtskrankheiten Syphilis und Gonnorrhoe können als bakterielle Infektionen relativ einfach mit Antibiotika geheilt werden. Zur Behandlung von Chlamydien, Trichonomaden und Pilzen (Candida) stehen ebenfalls wirksame Medikamente zur Verfügung, jedoch werden sie oft nicht behandelt, weil die Symptome leicht zu über-‚sehen' werden. Für Hepatitis B gibt es (wie für die meisten Virus-Infektionen) keine Behandlungsmöglichkeit.
Geschlechtskrankheiten (GK) können als sog. Kofaktoren das Risiko einer Übertragung erheblich erhöhen. Einerseits führen Beeinträchtigungen der Schutzfunktion der Haut eines GK-Infizierten zu einer höheren Empfänglichkeit (Susceptibilität). Andererseits wurden auf der XI Internat. AIDS Konferenz in Vancouver mehrere Studien vorgestellt, die zeigen, daß ein HIV-Infizierter, der zusätzlich eine andere Geschlechtskrankheit hat, auch mehr HI-Viren absondert (Infektiosität).
Kondome reduzieren das Risiko der Übertragung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten ( s exually t ransmitted d iseases STD), die ihrerseits (als Kofaktoren) eine Übertragung von HIV erleichtern können (TERMEULEN ET AL. 1989) um mindestens 90 Prozent pro Kontakt (DETELS ET AL. 1988, WITTKOWSKI 1989). In einer neuen Studie (DEVINCENZI 1994) wurde keiner der heterosexuellen Partner von Infizierten angesteckt, die regelmäßig Kondome benutzten.
Mikrobizide (z.Zt. als spermizide Detergenzien, vor allem Nonoxinol-9, N9) inaktivieren Bakterien und Viren, indem sie Lipide (Fette) aus der Zellwand lösen und die Zelle so zerstören. Die Effektivität gegen verschiedene STDs in vivo und gegen HIV in vitro wurde mehrfach nachgewiesen (WITTKOWSKI 1989). Vergleichende Untersuchungen in der Schwangerschaftsverhütung und neue epidemiologische Daten (WITTKOWSKI 1989, ZEKENG ET AL. 1993) deuten darauf hin, daß Spermizide sogar sicherer sein könnten als Kondome.
Mit (HIV- bzw. AIDS-) Inzidenz bezeichnet man den Anteil von Neuinfektionen oder erkrankungen an einer Bevölkerung während eines bestimmten Zeitraums (z.B. eines Jahres). Die Prävalenz gibt den Anteil der Infizierten bzw. Erkrankten an einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Bei konstanter Bevölkerungsgröße verwendet man diese Begriffe auch für die entsprechenden absoluten Zahlen.
Auszugsweise entnommen aus [1]